Heute möchte ich Euch über ein Thema berichten, das
mir persönlich sehr am Herzen liegt. Ich erzähle Euch von der LOTUSGEBURT.
Was
das genau BEDEUTET, meine persönlichen ERFAHRUNGEN damit und eine detaillierte ANLEITUNG...
Nein, eine Lotusgeburt heisst NICHT, dass man im
Lotussitz oder irgend einer anderen yogischen Verrenkung gebärt, sondern etwas
ganz anderes: Lotusgeburt bedeutet, dass man nach der Geburt des Kindes wartet,
bis sich die intakte Nabelschnur mit der Plazenta von alleine vom Bauchnabel
des Kindes löst. Die Nabelschnur wird NICHT durchtrennt.
Kurz eine Erläuterung für diejenigen, die keine
grosse Ahnung (mehr) haben, wie es im Bauch der Mutter aussieht... (die andern
können diesen Absatz überspringen...):
Das Baby ernährt sich während der Zeit im Mutterleib
über die Nabelschnur, die den Bauchnabel des Babys mit der Plazenta verbindet.
Die Plazenta wiederum ist während der Schwangerschaft über die
Uterusschleimhaut (Uterus = Gebärmutter) mit der Gebärmutterwand verbunden und
über die Plazenta gelangen alle Nährstoffe, Sauerstoff und Elektrolyte vom
Mutterkörper zum Körper des Babys. Es ist sozusagen die einzige „direkte
physische Verbindung“ von Mutter und Kind, wobei die Plazenta kindliches Gewebe
ist. Wenn das Baby geboren ist, löst sich die Plazenta von der Gebärmutterwand
und wird kurze Zeit später auch geboren. (Darum wird sie auch „Nachgeburt“
genannt). Bei einer künstlichen Abnabelung (wie das üblicherweise gemacht wird
und wie es wahrscheinlich die meisten von Euch kennen) wird kurze Zeit nach der
Geburt des Kindes die Nabelschnur mit zwei Clips abgeklemmt und dazwischen mit
einer Schere durchschnitten. Im Idealfall lässt man die Nabelschnur wenigstens
auspulsieren, damit das sauerstoffreiche fetale Blut, welches sich in der
Schnur befindet und dem Baby gehört, auch wirklich im Körper des Babys ist. Und
dann muss man genau so warten, bis sich der Stumpf der Nabelschnur vom
Bauchnabel gelöst hat und nach einigen Tagen von alleine abfällt.
Meine Erfahrungen zeigen, dass es bei einer Lotusgeburt
WENIGER Zeit braucht (3-5 Tage), bis die Nabelschnur sich vom Nabel löst, als
bei einer durchtrennten Nabelschnur (4-8 Tage). Und es entstehen viel weniger
Nabelentzündungen.
Bei einer Lotusgeburt wird also die Plazenta nicht
„abgeschnitten“, sondern man lässt die Nabelschnur mit der Plazenta intakt und
lässt dem Kind so die Zeit, sich selber abzunabeln. Man könnte die Lotusgeburt auch
als eine Art Übergangszeit verstehen, in der man dem Baby die Zeit lässt, sich
langsam, aber sicher, vom ZUSTAND IM MUTTERLEIB zu verabschieden. Und zwar in
seinem dafür vorgesehenen Tempo.
Die Plazenta gehört nicht zum Körper der Mutter, sondern
sie ist sozusagen das „erste Organ des Kindes“, das sich bereits vier Tage nach
der Befruchtung aus dem Zellhaufen bildet, der sich Blastozyste nennt. Das
Durchschneiden der Nabelschnur ist also nicht eine Abnabelung vom Körper der
Mutter, wie fälschlicherweise oft gemeint wird, sondern man trennt das Kind künstlich
von seinem ersten Organ. Es gibt keinen medizinisch notwendigen Grund. Es wird
aus rein kosmetischen Gründen, allenfalls praktischen Gründen und Nichtwissen praktiziert.
Mit welchen entwicklungspsychologischen Folgen? Es
bestehen bereits etliche Untersuchungen der perinatalen Psychologie, die die gewaltsame
Trennung und damit den plötzlichen Verlust der Plazenta mit tiefem seelischem
Trennungsschmerz bis hin zu körperlichem Schmerz als einschneidendes
traumatisierendes Erlebnis schildern. Man hat sogar frisch geborene Babys
beobachtet, die sich reflexartig an ihre Nabelschnur klammern, wird diese
durchtrennt.
Die ersten Momente unseres Lebens sind einschneidende
und zutiefst prägende Minuten für unser ganzes Leben. In dieser Zeit entstehen
unglaublich viele und wichtige neuronale Verbindungen in unserem Gehirn, die
unsere Verhaltensweisen und Muster von Grund auf prägen.
Aus meiner Erfahrung als Mutter, als
HypnoBirthing-Kursleiterin und Eltern-Beraterin kann ich immer wieder
beobachten, wie wichtig die ersten Lebensmomente sind und wie sie auch die
Eltern-Kind-Beziehung prägen. Zudem kann ich sagen, dass JEDER Eingriff in den
natürlichen Verlauf (sei es in der Schwangerschaft, während der Geburt oder
nach der Geburt, wie beispielsweise das Durchschneiden der Nabelschnur) wohl
überlegt sein sollte. Wie oft höre ich von Komplikationen jeglicher Art und
beim genauen Nachfragen wurde irgendwo in den natürlichen Lauf der Dinge
eingegriffen und es folgte ein Rattenschwanz an Ereignissen, die man
schliesslich nicht mehr aufhalten konnte.
Der Name Lotusgeburt kommt übrigens von einer Frau
namens Claire Lotus Day - nein, sie ist meines Wissens nicht mit mir verwandt –
die in den 60er Jahren unsere übliche Praktik und auch die Notwendigkeit des
Durchtrennens der Nabelschnur hinterfragte. Sie beobachtete darauf bei Primaten
das Verhalten der Lotusgeburt und sie war die erste, die in der westlichen Welt
die Nabelschnur bei der Geburt ihres Sohnes intakt liess. Es gibt nicht nur
Quellen von Lotusgeburten aus dem alten Ägypten, auch in Urvölkern der Erde
wird heute noch traditionell die Nabelschnur nach der Geburt intakt gelassen.
Nun, was geschieht bei einer Lotusgeburt nach der
Geburt mit der Plazenta?
Hier eine ANLEITUNG FÜR EINE LOTUSGEBURT:
Es gibt verschiedene Möglichkeiten...
1) BEHANDELN DER PLAZENTA: Du lässt die Plazenta in
einem Sieb über einem Gefäss abtropfen, bis das restliche Blut abgelaufen ist
und hilfst bei Bedarf mit einem Tuch (z.B. Stoffwindel) nach, indem du sie von
allen Seiten sanft abtupfst. Dann reibst du sie mit einer Mischung aus Meersalz
und desinfizierenden Kräutern (z.B. Neemkräutern (hier erhältlich)) ein. Das
ungewaschene Atlantik-Meersalz aus dem Reformhaus eignet sich weniger, da es
eher zu feucht ist. Am Besten nimmst du ein trockenes, mittel- bis grobkörniges
Meersalz. Es besteht auch die Möglichkeit 2-3 Tropfen Lavendelöl dazuzugeben,
damit es nicht zu riechen beginnt, wobei ich persönlich davon abrate, weil alle
Essenzen und Duftöle sehr stark riechen und Babys ganz besonders feine Näschen
haben...
Das Behandeln der Plazenta hat den Vorteil, dass die
Plazenta nach einiger Zeit (v.a. an heisseren Tagen) nicht beginnt, nach altem
Fleisch zu riechen. Jeden Tag wird die Plazenta ausgepackt, das vollgesogene
Salz entfernt und dann wieder mit frischer Kräuter-Salz-Mischung eingerieben,
bis sie ganz ausgetrocknet ist, immer leichter wird und einem Stück Leder
gleicht. Dann geht es nicht mehr lange und die eingetrocknete dünne
Nabelschnur, die dann etwa aussieht wie ein altes Telefonkabel, fällt ab. Falls
sie das Baby in der Bauchgegend drücken sollte, weil sie krumm eingetrocknet
ist, kannst du diese Stelle mit einer Wasser-Öl-Mischung etwas befeuchten und
„umbiegen“.
2) PLAZENTA IN DER SCHALE: Du behandelst die Plazenta
wie unter Punkt 1 beschrieben, dann legst du sie in eine Schale und trägst dein
Baby ein paar Tage mit Schale herum.
(Wunderschöne Plazenta-Schalen: hier erhältlich!)
3) PLAZENTA IN EINEM STOFFBEUTEL: Du nähst dir in der
Schwangerschaft einen Stoffbeutel von ca. 30 x 30 cm, den du oben mit einem
eingezogenen Stoffband, einer Schnur oder Kordel zuziehen kannst. Dann
behandelst du die Plazenta wie unter Punkt 1 beschrieben, wickelst sie in ein
paar Molton-Stoffwindeleinlagen, legst sie in den Stoffbeutel und ziehst oben
zu, sodass nur noch die Nabelschnur rausschaut. Diesen Beutel trägst du nun
anfangs mit deinem Baby herum und wickelst ihn z.B. mit in die Babydecke.
4) BELASSEN DER PLAZENTA: Du behandelst die Plazenta gar
nicht und legst sie in eine Schale mit Sieb bis sie austrocknet.
Schon nach wenigen Stunden wird die Nabelschnur ganz
weich und immer dünner und dann beginnt sie zu trocknen. Und zwar von der
Plazenta her (!). Optimal ist, wenn sich kurz nach der Geburt, Baby und
Plazenta ca. auf gleicher Höhe befinden, damit das Blut ungehindert zum Kind
fliessen kann.
Habt ihr schon einmal eine Plazenta gesehen? Sie
sieht aus wie ein Baum. Ein Lebensbaum. Der Baum der Ahnen. Jede sieht anders
aus. Die einen sind klein, fein verästelt, andere dafür gross mit starken
klaren Adern, dritte wiederum gleichmässig sternförmig strebend...
...aber alle wie ein kleines Universum.
Für mich persönlich war die Lotusgeburt ein sehr
eindrückliches Erlebnis. Ich beobachtete genau. Es war als ob meine Kinder wie
in einer Art Zwischendasein verblieben, solange sie mit der Plazenta verbunden waren.
In den 3 Tagen nach der Geburt sogen sie alles auf, was in der Plazenta noch
enthalten war. Auf einer anderen Ebene. Die ganze unglaubliche Kraft dieses
Lebensbaumes. Die Kraft und den Schutz ihrer Herkunft und aller Ahnen. Es war
wie eine Komplett-Immunisierung, im Sinne einer Kräftigung und eines Schutzes,
für das Leben auf dieser Erde.
Und dann... die Abnabelung: Es war wie nochmals eine
Geburt! Bei unseren Kindern war die Nabelschnur nur noch mit einem dünnen
Fädchen mit dem Nabel verbunden und es geschah jeweils nach exakt 3 Tagen (!)
beim Wechseln der Kleidung. Sie machten einen kräftigen Fusstritt und nabelten
sich somit selber ab...! Was für ein Erlebnis! Die Botschaft war: Jetzt bin ich
da! Eine magische, ehrfürchtige Stimmung erfüllte den Raum und wir waren
zutiefst beeindruckt von der seelischen Präsenz und dem unglaublichen
Lebenswillen, der sich manifestierte.
Unsere Tochter mit ihrer Plazenta:
Für jedes Kind ein eigenes Plazenta-Säckchen...:
Zwei Jahre später hörte ich von einer Hebamme
folgendes: im Geburtshaus in dem sie arbeitete wurde während eines Jahres die Nabelschnur
während mindestens 2 Stunden intakt gelassen und in dieser Zeitspanne traten in
keinem einzigen Fall Probleme mit der vollständigen Ablösung der Plazenta von
der Gebärmutter auf. Daraus ist sogar eine Studie in Zusammenarbeit mit Ärzten
entstanden.
Das freute mich sehr. Für uns war nach unseren
Erlebnissen auch klar, dass wir es nie mehr anders machen würden...
Und zum Schluss ein Bild kurz nach dem Abfallen der Nabelschnur...
"jetzt bin ich da und geniesse Papi..."
(und umgekehrt!)...;-)
Literatur und Quellen:
Sarah J. Buckley:
Gentle Birth, Gentle Mothering: The Wisdom and
Science of Gentle Choices in Pregnancy, Birth, and Parenting by Dr. Sarah J.
Buckley (Paperback - 2005)
www.sarahjbuckley.com
Shivam Rachana:
www.womenofspirit.asn.au
Buch: Lotus Birth: Shivam Rachana, foreword by
Michael Odent
http://www.lotusbirth.net